Systemisch I wie Introjekt

Systemische Begriffe kurz erklärt.

Introjekt

Unsere täglichen Worte werden die innere Stimme unserer Kinder.

Begriffsklärung: Was ist ein Introjekt?

Übertragen wir das Zitat von Peggy O’Mara auf die Psychologie, haben wir eine erste vereinfachte Erläuterung für den Begriff Introjekt: innere Stimmen, die aus den Beziehungserfahrungen in unserem Herkunftssystem, übernommen haben. Getarnt als „eigene Überzeugung“, stecken dahinter verinnerlichte Haltungen, mit denen wir uns identifizieren, um uns Zugehörigkeit und die für Kinder überlebensnotwendige Bindung der wichtigsten Bezugsperson(en) zu sichern.

„Ich muss stark sein.“ – „Reiß dich zusammen.“ – „Leistung zählt mehr als Gefühle.“ – „Wie kannst Du so sein? Sowas macht man nicht“… Kennen Sie solche Sätze? Und noch viel spannender, tauchen Sie unwillkürlich in Ihrem Kopf auf? Und wenn ja, woher kommen sie eigentlich? 

Ursprünglich kommt der Begriff Introjekt aus der Psychoanalyse und bezeichnet den psychischen Vorgang der „Aufnahme und Verinnerlichung unverarbeiteter, meist aversiver äußerer Realitäten, fremder Anschauungen, MotiveWerte und Normen etc. in das eigene Ich“ (siehe Wikipedia).

Die äußere Realität wird internalisiert, um sie erträglicher zu machen, äußere Bedrohungen oder Angstzustände abzuwehren, indem man die vermeintliche Quelle der Bedrohung in die eigene Ich-Struktur integriert. Dadurch wird das, was ursprünglich Angst oder Konflikte ausgelöst hat, nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen. Ein Kind, das beispielsweise von einem Elternteil für etwas kritisiert, abgelehnt oder bestraft wird, internalisiert die negative Bewertung und nimmt sich selbst als wertlos oder fehlerhaft wahr. So vermiedet es die schmerzhafte Diskrepanz zwischen dem was es sich eigentlich wünscht und dem was es bekommt.

Introjekt aus systemischer Perspektive

Aus systemischer Perspektive kann ein Introjekt als eine spezielle Form eines inneren Anteils oder Ego-States verstanden werden. Es entsteht meist in unserem Herkunfssystem als Realitätskonstruktion unseres Selbst und bildet dort unbewusst übernommene Werte, Normen, Haltungen ect. ab. 

  • In Loyalitäten verstricktOft stehen sie in Verbindung zu unbewussten Bindungsversprechen – „Ich bin genauso stark wie du, Papa“ oder „Ich übernehme deinen Schmerz, Mama“.
  • Mit Glaubenssätzen gekoppelt: Ein Introjekt kann sich als starre, verallgemeinernde Überzeugungen manifestieren, die sich wie Lebensregeln anfühlen. Während Glaubenssätze auch aus eigenen Erfahrungen hervorgehen können, ist ein Introjekt relational: es wurde von außen übernommen – häufig in einem Kontext emotionaler Abhängigkeit.
  • Als innere Stimmen wirksam: In der Arbeit mit inneren Anteilen erscheinen Introjekte oft als kritische, rigide oder überangepasste Stimmen. Sie verhindern pragmatische Lösungen und halten krampfhaft manchmal regelrecht obsessiv an etwas fest: „nein, es muss genau so und nicht anders!“ 

Täterintrojekte in der Traumatherapie

Im traumatherapeutischen Kontext finden wir den Begriff Täterintrojekt. Ein Täterintrojekt ist jener Teil der Psyche, der die Stimme, Haltung oder Handlungsweise eines Täters oder einer Täterin verinnerlicht hat. Oder wie Dami Charf es ausdrückt „die übernommene Selbstabwertung„. Es handelt sich um eine unbewusste Übernahme der Werte, Drohungen oder Botschaften der Person, die Gewalt, Missbrauch oder schwere Kränkungen ausgeübt hat. 

Täterintrojekte entstehen häufig in frühen, bindungsgeprägten Beziehungen – etwa gegenüber einem narzisstischen Vater oder einer gewaltätigen Mutter – und dienen dem Kind dazu, ein Gefühl von Kontrolle, Vorhersehbarkeit oder Bindung zu sichern, wo eigentlich Ohnmacht herrscht.

Mir ist wichtig zu betonen, dass es sich beim Täterintrojekt um ein Modell handelt, dass uns hilft mit psychischen Phänomenen umzugehen. Und wie bei allen Modellen gibt es kein Schwarz-Weiß sondern viel Grau. Täterintrojekte können -je nach Persönlichkeitsstruktur und je nach Art der Traumatisierung- stärker oder schwächer ausgeprägt und mehr oder weniger bewusst sein. Je stärker ausgeprägt und je tiefer im Unterbewusstsein sie „liegen“, umso herausfordernder wir der therapeutische Umgang mit ihnen. Ist ein Täterintrojekt von den bewussten kognitiven Prozessen und Erinnerungen vollständig abgespalten, sprechen wir von einem dissoziativen Persönlichkeitsanteil. Dies soll hier aber nicht weiter thematisiert werden. 

In diesem Blogartikel geht es viel mehr um Anteile, die eine destruktive, gegen das eigene Selbst gerichtete Wirkung in Personen entfalten, obwohl die eigentliche Täterperson gar nicht anwesend ist oder keine Macht mehr ausüben kann. 

Wie entsteht ein Introjekt?

Ein Introjekt bzw. Täterintrojekte entstehen, wenn Kinder in überfordernden, gewaltvollen oder emotional missbräuchlichen Beziehungen aufwachsen. Sie sind ein Ergebnis sogenannter Bindungs- oder Entwicklungstraumata (Komplextrauma) oder können sich im Zuge der klassischen postraumatischen Belastungsstörung (PTBS) durch emotionalem, sexuellem oder physischem Missbrauch als Bewältigungsstrategie (Coping-Mechanismus) bilden.

Während einer Traumatisierung bleibt dem Kind oft nichts anderes übrig, als die Täterperson in sich aufzunehmen – als Versuch, das Unerträgliche erträglich zu machen. Das Erleben von Ohnmacht, Überwältigung, emotionale Überflutung und Unverständnis des Geschehens, lässt Betroffenen keine andere Wahl lässt, als dieser Durchbrechung des Reiz- und Abwehrschutzes die bedingungslose Hereinnahme mittels Introjektion folgen zu lassen. 

Täterloyalität und die Übernahme von Schuld und Scham

Nach solch schweren Traumatisierungen, kommt es häufig vor, dass sog. täterloyale Muster entstehen: Das Kind ist von der Täterperson abhängig und muss ihr gegenüber loyal sein, um zu überleben. 

Disloyales Verhalten bedeutet zusätzlich zu der Misshandlung auch noch Bindungsverlust. Um diesen zu vermeiden, übernimmt das Kind nicht nur die abwertenden Botschaften des Täters – „Du bist schlecht, du bist verachtenswert“, sondern verliert zugleich den Zugang zu seinem eigenen „inneren Guten“: seiner Unschuld, seinem Vertrauen in sich und die Welt, seiner Zufriedenheit und seinem Selbstwertgefühl. Aus der Botschaft des Täters wird die Selbstsicht: „Ich bin schlecht, ich bin schuld, ich bin verachtenswert.“

So entlastet das Kind die Täterperson, die gleichzeitig Bindungsperson ist, von ihrer realen Schuld. Die Bindungsperson handelt aus Sicht des Kindes nicht aus eigener Grausamkeit, sondern weil es selbst „falsch“, „böse“, schuldig und verachtenswert ist. Nur so kann das Kind die Bindung zur Täterperson aufrecht erhalten, auf die es angewiesen ist. 

Introjekt als Folge von Anpassung

Dies geschieht zu einem gewissen Grad auch, wenn die Eltern-Kind-Beziehung darauf aufbaut, dass Kinder ihre Bedürfnisse und ihr „so-sein-wie-sie-sind“ permanent unterdrücken müssen, um von ihren Eltern nicht entwertet oder abgelehnt zu werden. Wenn die elterliche Liebe, Aufmerksamkeit, Sicherheit und Anerkennung an Bedingungen wie Leistung, artig sein, nicht auffallen, keine intensiven Gefühle wie Wut, Angst, Unlust zeigen etc. gekoppelt ist, muss das Kind fest daran glauben, dass die Aussagen, Forderungen, Verhaltensweisen, Wertvorstellungen etc. der Bezugspersonen „richtig“ sind und die eigenen Gefühle und Bedürfnisse „falsch“, um angenommen zu werden. Tief verinnerlicht und meist unbewusst entfalten solche Introjekte dann auch im Erwachsenenalter als erbarmungslose innere Kritiker:innen, Antreiber:innen oder selbstabwertende Stimmen ihre Wirkung. Drohungen und Aussagen wie „Wenn Du nicht brav bist, dann…“ oder „Kannst Du einmal etwas richtig machen?“ werden zu inneren Stimmen, die auch dann noch wirken, wenn der Täter längst nicht mehr präsent ist. Das Kind verinnerlicht etwa: „Ich bin nichts wert, wenn ich nicht perfekt bin“, „wenn ich nicht aufpasse, ist meine Mutter traurig“ oder „ich kann nicht liebenswert sein, sonst würde ich nicht so behandelt werden (müssen)“ – eine Botschaft, die möglicherweise von einem narzisstischen Vater transportiert wird, weil er aus eigenem Mangel an echter Selbstliebe nicht in der Lage ist, seinem Umfeld Aufmerksamkeit, Zuneigung oder Anerkennung zu zeigen, sondern vielmehr das Gefühl vermittelt, minderwertig und an seinem Unglück Schuld zu sein.

Welche beziehungsgestaltende Funktion hat ein (Täter-)Introjekt?

Aus systemisch-traumatherapeutischer Sicht betrachten wir Täterintrojekte nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Bindungs- und Loyalitätsmustern, in denen sie entstanden sind. Der innere Anteil, Ego-State (Ich-Zustand) der aus dem Täter stammt, hat im System des Betroffenen kreative systemerhaltende Funktionen des Selbstschutzes übernommen und das Opfer im Dort und Damals vor Schmerzen und weiteren Beschämungen geschützt und die überlebensnotwendige Bindung gesichert. Es gibt also gute Gründe dafür, dass sich das Introjekt gebildet hat. 

Introjektion als Kontrollfunktion

Durch die Introjektion des Täterverhaltens, Denkens und Fühlens entsteht vermeintlichen Kontrolle. Denn wenn ich falsch und hassenswert bin, kann ich zumindest irgendetwas tun oder leisten, um trotzdem noch geliebt und angenommen zu werden.

Die Eigendynamik des Introjekts im zeitlichen Verlauf

Im Laufe der Zeit können Täterintrojekte jedoch immer stärker und fordernder werden, da unser Gehirn Bekanntes und Gewohntes synaptisch verstärkt: „Nerves that wire together, fire together“ (vgl. Blogartikel zum Thema „Trauma überwinden, innere Sicherheit finden – Wie Sie die Neuroplastizität Ihres Gehirns nutzen, um emotionale Stabilität zu trainieren„). Solche Beschützer-Anteile können dann noch maligner, schädlicher und bösartiger werden, als es die ursprünglichen, realen, äußeren Täterpersonen es waren. 

Was einst als Schutzmechanismus diente, richtet sich unerbitterlich gegen die eigene Person. Insbesondere in Situationen, in denen wir beginnen unsere eigenen Bedürfnisse zu fühlen, können massive Ängste, Panik, Stress und diverse Symptome von Schlafstörungen über Konzentrationsprobleme, psychosomatische Leiden, Suchtverhalten ect. auftreten, da das System, tief verinnerlicht hat, dass es hochgradig gefährlich ist, eigene Bedürfnisse zu haben, sich wertvoll und richtig zu fühlen. Täterintrojekte gehen dann als Beschützeranteile in massiven Widerstand, die zu inneren Kämpfen und selbstzerstörerischem Verhalten führen können. Manche Betroffene versuchen, den „inneren Täter“ zu bekämpfen oder loszuwerden – oft, indem sie sich selbst schaden. Doch das eigentliche Ziel ist, die inneren Anteile nicht zu bekämpfen, sondern sie zu verstehen, ihre Entstehung zu würdigen und neue, stärkende Wege im Umgang mit ihnen zu finden.

Introjekt als Beschützer

Trotzdem sind destruktiv wirkende Ego-States, Beschützeranteile bzw. Coping- oder Überlebensstrategien. Sie beschützen die verletzlichen Anteile vor dem Schmerz, der Hilflosigkeit, der Todesangst und der Ohnmacht, die das System der betroffenen Person während der Traumatisierung überfordert hat und stellen somit eine Ressource dar. Sie wirken zwar vordergründig schädlich und destruktiv, sind aber eigentlich eine „hochkompetente Lösung unseres Organismus“ (Gunther Schmidt). Auf diese Art verstanden, gilt es aus Sicht der systemischen Traumatherapie, sie zu würdigen und mit ihnen in Verhandlung zu gehen, statt sie zu bekämpfen. 

Die Arbeit mit Täterintrojekten zielt daher nicht darauf ab, diese Anteile zu „bekämpfen“, sondern auf ein verstehendes, wertschätzendes Annähern. Ziel ist es, diese alten inneren Stimmen zu würdigen und ihnen neue Funktionen zu geben: als Verbündete für Selbstfürsorge inneres Wachstum.

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Beispiel: Tobias und das „starke Ich“

Disclaimer: Alle Beispiele sind frei erfunden und zum Zwecke der Begriffserläuterung konstruiert. Sie bilden weder die Wirklichkeit noch die Komplexität der menschlichen Psyche ab, da sie einseitig einen Begriff in den Fokus nehmen. Schaubilder wurden entweder eigens für die Fälle erstellt oder inhaltlich maßgeblich verfremdet. 

Situation

Tobias ist Mitte 40, verheiratet, zwei Kinder, erfolgreicher IT-Berater. Er wirkt souverän, kontrolliert, belastbar. Und genau das ist sein Problem.

Tobias kommt in die Therapie, weil er sich innerlich leer fühlt. Er hat immer funktioniert, aber inzwischen fragt er sich: „Wer bin ich eigentlich – jenseits meiner Leistung?“ Er beschreibt, dass er nie Schwäche zeigen durfte. Sein Vater – ein narzisstischer Patriarch – duldete keine Unsicherheit, keine Tränen, keine Widerrede. Die Mutter? Warmherzig, aber völlig angepasst vermittelte die Botschaft: „Mach deinem Vater keinen Ärger.“

In der gemeinsamen Arbeit tauchen mehrere Introjekte auf:

  • „Gefühle sind Schwäche.“ wird als ein typischer Satz dem Vater-Introjekt zugeordnet. 

  • „Wenn du nicht perfekt bist, wirst du nicht geliebt.“ ist ebenfalls ein Satz des Vater-Introjektes. 

  • „Pass dich an, sonst gibt es Ärger.“ könnte sowohl dem Vater als auch der Mutter zugeordnet werden. 

Diese Sätze leben in Tobias weiter – als innere Anteile, die kritisieren, antreiben und entwerten. Sie stammen nicht von ihm. Und doch steuern sie sein Verhalten und führen dazu, dass er Grenzüberschreitungen zulässt und selbst ständig über seine Grenzen geht.

Systemische Interventionen

Wie gehen wir in der Therapie mit Introjekten um?

Zunächst geht es darum, die Introjekte zu erkennen – und sie vom Selbst zu unterscheiden.

Im weiteren Verlauf gilt es, die emotionale Ladung dieser inneren Stimmen zu verstehen – und ihre Herkunft im Kontext von Entwicklungstrauma, Bindungsstörungen oder überfordernden Familiendynamiken einzuordnen.

Weil sie so tief in der Persönlichkeit verankert sind, werden Introjekte selten hinterfragt. Ihre Wirkung zeigt sich meist indirekt – durch Symptome wie Erschöpfung, Perfektionismus, Beziehungskonflikte oder Identitätskrisen. Dann wenn wir mal etwas anders machen – vielleicht weil es einfach nicht mehr geht – werden sie sichtbar als unerbittliche Widersacher gegen jegliches Selbstmitgefühl, Verständnis, Selbstannahme und Selbstliebe. Denn sie haben gelernt, dass wir es nicht wert sind mitfühlend, verständnis- und liebevoll angenommen und behandelt zu werden – auch wenn wir nicht perfekt so funktionieren, wie es andere, die Gesellschaft und am Ende wir selbst von uns erwarten.

Die Arbeit mit Täterintrojekten ist entsprechend zeitintensiv und bedarf viel Übung, Kraft und Energie. Da die Selbstabwertung als unbewusster Schutzmechanismus tief im System integriert ist, fällt es Betroffenen oft schwer sich selbst gegenüber, geduldig liebevoll und mitfühlend zu sein. Genau das braucht es aber um mit dem Täterintrojekt „in Verhandlung zu kommen“ und mit ihnen zu arbeiten -anstatt gegen sie zu kämpfen. Wer das Täterintrojekt ausmerzen will, wiederholt in gewisser Weise genau das Täterverhalten indem er/sie diesem Selbstanteil Hass (Selbsthass) entgegen bringt. Stattdessen braucht es Würdigung für die Leistung des Systems im Dort und Damals und ein Annehmen und Betrauen der Realität. Dieser Prozess ist zu Beginn extrem schmerzhaft, weil wir erkennen, dass uns großes Leid und Unrecht zugefügt wurden.

Traumasensible systemische Interventionen im Umgang mit Introjekten

Zentrale Interventionen im Umgang mit Introjekten sind:
    • „Wem gehört diese Stimme?“

    • „An wen erinnert dich dieser Gedanke?“

    • „Wer würde sich angegriffen fühlen, wenn du das Gegenteil denken würdest?“

    • „Was würdest du stattdessen denken, wenn du nur deiner inneren Stimme folgen würdest?“

  • Desidentifikation: Du bist nicht das Täterintrojekt – es stammt vom Täter. Als Kind hast Du diese selbstabwertenden Haltungen übernommen, weil es keine andere Spiegelung gab. Du hast die Sicht des Täters zu Deiner eigenen gemacht, um irgendwie Sinn in das Erlebte zu bringen. Du hast Dich so konzipiert um zu überleben. 

    Damals konntest Du nicht erkennen, dass das Problem beim Täter lag. Stattdessen hast Du geglaubt: „Wenn ich so behandelt werde, muss ich es verdient haben.“ oder „Dann bin ich wohl nichts wert.“

    Doch genau hier beginnt der Unterschied, der einen Unterschied macht: Im hier und heute kannst Du Dir klar machen, wodurch diese inneren Stimmen entstanden sind und sie als das zu erkennen, was sie sind: Übernahmen von außen, die Dir nie gehört haben. Je bewusster Dir dieser Unterschied wird, desto eher kannst Du Dich von den alten Leitbildern lösen. Sonst prägen sie weiter Dein Denken, Dein Handeln – und vielleicht auch, wie andere mit Dir umgehen (Re-Inszenierung/ Re-Traumatisierung).

  • Externalisierung: Das Introjekt bekommt eine Form, ein Bild, eine Stimme – und verliert dadurch an Macht.

  • Arbeit mit dem Inneren Team: Das Introjekt wird als Anteil benannt, abgegrenzt und ggf. in Dialog mit anderen Anteilen gebracht. Es bekommt eine Stimme und wir versuchen seine Motivation 

  • Loyalitätsklärung: Wer wird durch das Introjekt „beschützt“? Und ist dieser Schutz heute noch notwendig?

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

  • Glaubenssätze sind kognitive Überzeugungen über uns selbst, andere und die Welt. Sie entstehen durch Erfahrungen – können aber auch von außen übernommen sein. Introjekte sind eine besondere Form von Glaubenssätzen: Sie sind meist unreflektiert übernommen, tief emotional verankert und eng an frühe Bindungserfahrungen gekoppelt.

  • Innere Anteile sind nach dem Modell des Inneren Teams (Schulz von Thun), des IFS (Schwartz) oder der Ego-State-Therapie (Watkins) psychische Teilstrukturen, die bestimmte Aufgaben und Haltungen repräsentieren. Ein Introjekt kann als Anteil auftreten – etwa als innerer Kritiker oder Antreiber –, aber nicht jeder Anteil ist ein Introjekt. Entscheidend ist: Der Anteil wurde nicht aus der Eigenregulation gebildet, sondern stellt eine Übernahme von außen dar.

  • Loyalitäten beschreiben nach Ivan Boszormenyi-Nagy unbewusste Bindungskonzepte in Familiensystemen, die oft über Generationen hinweg wirken. Introjekte sind häufig Ausdruck solcher Loyalitäten – sie manifestieren sich z. B. als unreflektiertes Festhalten an familiären Normen, um Zugehörigkeit zu sichern oder Schuldgefühle zu vermeiden. sind Bindungskräfte im Familiensystem. Introjekte sind häufig Ausdruck dieser Loyalitäten – manchmal als Versuch, ein Familienschicksal fortzuführen oder zu „kompensieren“.

Reflexion: Was bleibt vom Introjekt?

Introjekte entstehen als kluge Überlebensstrategie und aus dem Bedürfnis nach Sicherheit, Unversehrtheit, Bindung und Zugehörigkeit. Sie sind also nie „falsch“ – sondern einst sinnvolle Strategien. Doch was früher schützte, kann im hier und heute einschränken oder sogar schädigen.

Systemische Traumatherapie heißt: alten Loyalitäten zu würdigen, einen mitfühlenden, annehmenden und selbstführsorglichen Umgang mit sich selbst zu lernen und die damals notwendige Identifikation loszulassen. 

Welche Sätze hören Sie immer wieder in ihrem Kopf, die gar nicht wirklich Ihre sind?
Welche Stimmen sind laut, obwohl Sie leise sein sollten?
Um welche Ungerechtigkeiten drehen sich ihre Gedanken wieder und wieder und Sie können sie einfach nicht loslassen?
Welche inneren Regeln halten Sie zurück – obwohl Sie längst niemand mehr einfordert?

Ich freue mich, wenn Sie Ihre Gedanken dazu teilen oder den Beitrag an Menschen weitergeben:

Wenn Sie sich angesprochen fühlen und den Wunsch haben, diesen alten inneren Stimmen auf eine neue, stärkende Weise zu begegnen, begleite ich Sie gerne auf diesem Weg.

Herzliche Grüße Ihre

Lilly Maus 

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