Systemisch Y wie Yes-Setting

Systemische Begriffe kurz erklärt

Yes-Setting

Wer Ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen.

Auch wenn ich diesen Artikel mit einem Augenzwinkern im Kontext Heiraten beginne, ist Yes-Setting keine manipulative Methode, um sich das „Ja-Wort“ zu erschleichen.

Yes-Setting ist eine therapeutische Methode, die Klient:innen dazu einlädt eine zustimmende Haltung einzunehmen. Ziel ist es, einen Dialog zu eröffnen, der Widerstände verringert und die Bereitschaft der Klient:innen erhöht, neue Perspektiven zuzulassen. Dabei sollten Klient:innen aktive Mitgestalter:innen des Gesprächs sein und sich nicht als passive Empfänger:innen von Informationen fühlen – Stichwort: „Ratschläge“ bekommen. Das ist besonders wichtig, weil Veränderungsprozesse nicht nur leichter, sondern auch deutlich wirksamer sind, wenn Lösungen selbst erarbeitet werden, anstatt von außen vorgegeben zu werden.

Milton H. Erickson, der amerikanische Psychotherapeut und Begründer der modernen Hypnotherapie, beschreibt in seinem Buch „Hypnotherapy: An Exploratory Casebook“ die Bedeutung der Selbstbestimmung im Veränderungsprozess:

Die größte Veränderung erfolgt dann, wenn der Klient das Gefühl hat, er hat selbst eine Entscheidung getroffen.

Wie funktioniert Yes-Setting?

Erickson geht davon aus, dass Menschen eher bereit sind, weiteren – auch komplexeren und mit möglichen Widerständen besetzten – Fragen oder therapeutischen Angeboten zuzustimmen, wenn sie zuvor schon mehrfach kleine, einfache Fragen mit „Ja“ beantwortet haben.

Das mag auf den ersten Blick manipulativ wirken, dient jedoch dem Zweck, eine positive Grundhaltung zu etablieren. Diese Grundhaltung ermöglicht es, den Zugang zu Lösungen freizulegen, die bereits in der inneren Realität der Klient:innen vorhanden, jedoch aufgrund negativer Glaubenssätze oder überwältigender Gefühle momentan nicht zugänglich sind. Mithilfe des Yes-Setting wird eine konstruktive, lösungsorientierte Haltung gefördert, die den Fokus auf diese Lösungen richtet, sie erfahrbar macht um sie als nachhaltige Veränderung zu integrieren.

Auf diese Weise wird Yes-Setting zu einem typischen Beispiel für hypnotherapeutische Trance-Arbeit: durch wiederholte Zustimmungen und das sukzessive Einstimmen auf positive Gedanken kann ein Zustand erreicht werden, der Klient:innen empfänglicher für alternative Perspektiven und Lösungen macht indem tiefere, unbewusste Ressourcen für den Veränderungsprozess zugänglich gemacht werden.

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Beispiel

Disclaimer: Alle Beispiele sind frei erfunden und zum Zwecke der Begriffserläuterung konstruiert. Sie bilden weder die Wirklichkeit noch die Komplexität der menschlichen Psyche ab, da sie einseitig einen Begriff in den Fokus nehmen. Schaubilder wurden entweder eigens für die Fälle erstellt oder inhaltlich maßgeblich verfremdet. 

Situation

Stellen wir uns vor, ein Klient kommt mit Stress am Arbeitsplatz in die Beratung und ist zu Beginn ziemlich skeptisch, ob Reden überhaupt helfen wird. Er hat das Gefühl, dass der ganze Prozess nicht viel ändern wird. Statt ihn sofort zu überzeugen oder zu drängen, könnte die Therapeutin die Yes-Set-Methode anwenden, um langsam eine zustimmende Haltung zu etablieren.

Systemische Interventionen

Einstieg

Frage: „Also, Sie sind heute hier, das heißt, irgendwo in Ihnen gibt es zumindest einen Funken Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte?“
Antwort: Ja… vielleicht?

Ziel: Eine erste Zustimmung, auch wenn sie zögerlich ist. Der Klient hat jetzt schon das Gefühl, dass er in der Situation aktiv mitgestaltet.

Verstärkung der Perspektive

Frage: „Und wenn ich raten müsste, ist der Stress bei der Arbeit nicht einfach nur an den Aufgaben selbst, sondern eher an der Art und Weise, wie Ihr Chef mit Ihnen umgeht?“

Antwort: Ja, genau!

Ziel: Das Gefühl verstärken, dass die Therapeutin seine Perspektive versteht. Diese Bestätigung hilft dabei, Vertrauen aufzubauen und die Bereitschaft zu fördern, weitere Fragen zuzulassen.

Zustimmung mit einer Prise Humor vertiefen

Frage: „Und Kaffee hilft, aber leider löst er nicht alle Probleme, oder?“

Antwort: Schmunzeln. „Ja, das ist wohl auch richtig.“

Ziel: Humor verbindet und schafft Leichtigkeit. So öffnet dieses „Ja“ den Raum für eine positive, zustimmende Haltung gegenüber weiterer therapeutischer Interventionen und lädt den Klienten dazu ein aus der Problemfokussierung herauszutreten und sich auf die Lösungssuche zu begeben.

Angebot einer neuen Perspektive

Frage: „Vielleicht könnten wir gemeinsam schauen, was noch hilfreich wäre, abgesehen vom Kaffee?“

Antwort: „Ja, okay…“

Ziel: Eine „kleine“ (verhaltene), zustimmende Antwort, die mir die Erlaubnis (Buy-In) gibt, mit dem Klienten weiter zu arbeiten, ohne dass er sich dazu gedrängt fühlt.

Dieses Beispiel zeigt, wie sich kleine zustimmende Fragen nutzen lassen, um Klienten an den Möglichkeitsraum therapeutischer Arbeit heranzuführen ohne sie von etwas überzeugen zu wollen. Gerade bei skeptischen Klient:innen ist es wichtig, diese Widerstände zu akzeptieren und sie selbst erkennen zu lassen, dass Veränderungen möglich sind. 

In gewisser Weise ist dieses Beispiel auch passend für das anfängliche Joining zu beginn eines therapeutischen Prozesses. So wie wir uns zunächst immer empathisches in die Perspektive unserer Klient:innen einfühlen müssen, geht es auch hier darum, Klient:innen dort abzuholen, wo sie stehen. Nur so  aktiv kann eine Basis geschaffen werden, die den Klienten empfänglich für neue Perspektiven macht und das Vertrauen in den therapeutischen Prozess stärkt.

Yes-Setting im Selbst-Coaching

Yes-Setting ist eine Methode, die Sie im Übrigen auch wunderbar für sich selbst nutzen können, um innere Blockaden zu lösen und mehr positive Energie zu entwickeln. 

Wenn Sie z.B. an Ihren negativen Glaubenssätzen arbeiten wollen, können Sie diese mithilfe von Yes-Setting schrittweise zu hinterfragen. Fragen-Ketten wie „Möchte ich mich besser fühlen?“ „Bin ich dafür bereit, alte Überzeugungen zu hinterfragen?“ und dann „Was konkret könnte der erste kleine Schritt sein?“ ermöglichen einen konstruktiven, positiven Umgang mit festgefahrenen Denkmustern.

Auch im Bereich Stressabbau und Entspannung kann Yes-Setting Ihnen hilfreich sein. Wenn Sie das Gefühl haben, total unter Strohm zu stehen, können einfache Fragen wie „Möchte ich mich entspannen?“ oder „Spüre ich, wie mein Atem langsamer wird?“ helfen, Ihre Gedanken auf Entspannung auszurichten und den Körper wieder in einen ruhigeren Zustand zu versetzen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Yes-Setting nicht nur die Bereitschaft fördert, sich neuen Ideen oder Lösungen zuzuwenden, sondern auch einen Raum schafft, in dem Sie sich selbst besser verstehen und positive Veränderungen leichter annehmen können. 

Die Technik hilft Ihnen, sowohl im Selbst-Coaching als auch in der therapeutischen Arbeit innere Widerstände abzubauen und Veränderung in Gang zu setzen.

Wenn Ihnen Selbstcoaching alleine nicht reicht und Sie sich Unterstützung von einer außenstehenden Person wünschen, bin ich gerne für Sie da. 

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