Systemisch D wie Dyade
Systemische Begriffe kurz erklärt: Dyade

Die Beziehung zu einem Kind ist keine Einbahnstraße. Das Kind soll nicht nur das entgegennehmen, was wir ihm geben wollen. Wir müssen auch bereit sein entgegenzunehmen, was unsere Kinder uns geben.
Jesper Juul, Familienkalender 2025
Der Begriff Dyade stammt aus dem Griechischen und bedeutet Zweiheit (vgl. Dorsch, Lexikon der Psychologie). In der Psychologie und Soziologie bezeichnet er eine qualitativ herausgehobene Zweiergruppe bzw. Zweierbeziehung, beispielsweise zwischen Eltern und Kind, Partnern oder auch Theapeut:in und Klient:in. Dyadische Beziehungen sind durch direkte Interaktionen und wechselseitige Beeinflussung gekennzeichnet. Sie bilden die Grundlage für komplexere soziale Strukturen und sind essenziell für die individuelle Entwicklung und das soziale Lernen.
In der systemischen Therapie wird die Dyade als fundamentale Einheit betrachtet, in der sich Muster, Dynamiken und Kommunikationsstile manifestieren. Diese Zweierbeziehungen beeinflussen nicht nur die beteiligten Individuen, sondern auch das größere System, in das sie eingebettet sind, wie beispielsweise die Familie oder das Arbeitsumfeld.
In meiner systemischen Arbeit liegt der Fokus auf Beziehungen (vgl. auch mein Leitsatz). Dyaden spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie die unmittelbare Verbindung zwischen zwei Individuen darstellen. Durch die Analyse von dyadischen Beziehungen können Muster identifiziert werden, die zu Konflikten oder Dysfunktionen führen. Durch das Bewusstwerden dieser Muster sind Klient:innen in der Lage Wege zur Veränderung zu erarbeiten.
Ein Beispiel für eine dyadische Beziehung ist die Mutter-Kind-Dyade. Diese Beziehung ist prägend für die Entwicklung des Kindes und beeinflusst dessen Bindungs- und Beziehungsverhalten im späteren Leben. Störungen in dieser Dyade sind sowohl für Eltern als auch für Kinder belastend, können aber häufig einseitig durch Veränderungen der Eltern aufgelöst werden.
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Beispiel
Disclaimer: Alle Beispiele sind frei erfunden und zum Zwecke der Begriffserläuterung konstruiert. Sie bilden weder die Wirklichkeit noch die Komplexität der menschlichen Psyche ab, da sie einseitig einen Begriff in den Fokus nehmen. Schaubilder wurden entweder eigens für die Fälle erstellt oder inhaltlich maßgeblich verfremdet.
Situation
Interventionen in der systemischen Arbeit
Eigene Muster in der Dyade erkennen
In unserer Sitzung beginnen wir damit, Silkes Perspektive auf die Situation zu reflektieren. Sie erkennt schnell, dass ihre Anspannung eine zentrale Rolle in der Dynamik spielt. Gemeinsam erarbeiten wir, wie Silke sich in solchen Momenten selbst regulieren kann, um entspannter auf Emil einzuwirken. Dazu gehören:
- Eigene Gefühle wahrnehmen: Silke lernt, ihre aufkommende Anspannung frühzeitig wahrzunehmen. Dies gibt ihr die Möglichkeit, innezuhalten und bewusster zu handeln, bevor die Situation eskaliert.
- Atemübungen: Gemeinsam üben wir einfache Atemtechniken, mit denen Silke ihren Stress in akuten Situationen reduzieren kann.
- Selbstfürsorge: Wir sprechen darüber, wie wichtig es für Silke ist, auch auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. Sie erkennt, dass ihr Perfektionsanspruch sie zusätzlich belastet.
- Die Verantwortung loslassen: Ein zentraler Punkt ist, dass Silke versteht, dass sie Emil nicht vollständig kontrollieren kann – und auch nicht muss. Wenn Emil trotz ihrer Bemühungen zu spät kommt, darf Emil mit seinen 10 Jahren anfangen selbst Verantwortung zu übernehmen. Silke lernt, dies auszuhalten, ohne sich schuldig zu fühlen. Damit ermöglicht sie ihm die Erfahrung, dass er Einfluss auf sein Leben nehmen zu können. Wenn sie ihm das zutraut, stärkt sie auch Emils Vertrauen in seine Kompetenzen.
Die Dynamik der Dydade verstehen und neue Wege finden
Silke erkennt in der Sitzung, dass ihr Stress Emil unbewusst signalisiert, dass die Situation außer Kontrolle gerät. Emils Blockade ist eine Reaktion auf diesen Druck. Um das Muster zu durchbrechen, einigen wir uns auf folgende Schritte:
- Frühzeitige Planung: Silke und Emil könnten gemeinsam einen Ablaufplan für den Morgen erstellen, der genügend Pufferzeit enthält. Emil bekommt dabei mehr Mitbestimmung, was ihn motivieren kann.
- Positive Verstärkung: Silke wird versuchen, Emils kleine Fortschritte zu loben, statt sich auf das Negative zu konzentrieren. Das kann dazu beitragen, dass Emil sich sicherer und weniger überfordert fühlt.
- Gelassenheit üben: Silke übt, in kritischen Momenten bewusst loszulassen und Emil eigenverantwortlich handeln zu lassen. Sie erinnert sich daran, dass er aus den Konsequenzen (wie zu spät kommen) lernen kann.
- Kommunikation auf Augenhöhe: Silke experimentiert mit einer weniger direktiven Kommunikation, indem sie Emil eher Fragen stellt wie: „Was brauchst du, um pünktlich fertig zu werden?“
Was nimmt die Klientin mit?
Silke nimmt sich vor die erarbeiteten Strategien im Alltag auszuprobieren und zu beobachten, ob und wie sich die Dynamik in der Beziehung zu Emil verändert. Sie plant, bewusst an ihrer Gelassenheit zu arbeiten und Emil mehr Verantwortung zu übertragen. In weiteren Sitzungen wollen wir reflektieren, welche Ansätze gut funktionieren und wo es noch Anpassungsbedarf gibt. Auch Silkes eigene Bedürfnisse und Grenzen werden weiterhin ein wichtiger Fokus bleiben.