Warum verliebe ich mich in den oder die Falsche?

Die unbewussten Gründe hinter der Partnerwahl und wie wir sie für unsere persönliche Entwicklung nutzen können.

Warum verliebe ich mich in den oder die Falsche:n

Einige der größten Herausforderungen in Beziehungen resultieren daraus, dass Menschen eine Beziehung eingehen, um etwas zu bekommen: Sie versuchen jemanden zu finden, der sie glücklich macht. In der Realität kann eine langanhaltende Beziehung nur gelingen, wenn die Beziehung zu einem Ort des Gebens, und nicht des Nehmens wird.

Unbewusste Anziehung: auch Schmerzhaftes kann sich vertraut anfühlen

Manchmal scheint es, dass wir uns bei der Partnerwahl gerade zu den Menschen hingezogen fühlen, die uns nicht gut tun, mit denen wir in anstrengende Konflikte geraten, die uns an unsere Grenzen bringen und uns verletzen oder alte Verletzungen in uns aktivieren.

Nach Lori Gottlieb hat dies damit zu tun, dass wir bei der Partnerwahl unbewusst unter anderem nach Wiedergutmachung unerfüllter Kindheitsbedürfnisse streben. Sie geht davon aus, dass

  • dass die Art und Weise, wie wir in unserer Kindheit gesehen, gehört und verstanden wurden, unsere Fähigkeit beeinflusst, Verantwortung für unser eigenes Glück zu übernehmen,
  • dass wir uns als Erwachsene umso mehr nach Wiedergutmachung sehnen, je mehr Vernachlässigung, Missachtung, Unverständnis usw. wir in den ersten Lebensjahren erfahren haben und
  • dass wir als Erwachsene unbewusst Partner:innen wählen, die scheinbar ganz anders sind als die Bezugspersonen aus der Kindheit, die aber in Wirklichkeit ähnlich sind (das ist für unser System vertraut), in der Hoffnung, dass die Partner:innen, die ganz anders wahrgenommen werden als die früheren Bezugspersonen, unsere unerfüllten Kindheitsbedürfnisse im Gegensatz zu unseren Eltern erfüllen.

"Mach das heile" - Wiedergutmachung als Auftrag an den Partner

Dieser Wunsch nach Wiedergutmachung auf der einen Seite kann in Kombination mit prägenden Erfahrungen und der daraus entstandenen inneren Grundannahme über uns selbst und das Leben dazu führen, dass wir uns Partner:innen aussuchen, die uns immer wieder an den Punkt führen, an dem wir schon als Kinder mit unerfüllten Bedürfnissen und dem Gefühl des Versagens zurückgelassen wurden. Denn Partner:innen sind eben nicht dazu da, uns zu bemuttern oder uns die väterliche Liebe zu geben, die der eigene Vater vielleicht nicht zeigen konnte.

Wenn wir als Kinder erfahren haben, dass wir es verdienen, geliebt zu werden, dass unsere Gefühle respektiert werden, dass wir uns wertvoll und geborgen fühlen, dass unsere Grenzen respektiert werden und dass die Beziehungen zu unseren Bezugspersonen sicher sind, dann führt dies zu entsprechend positiven Grundannahmen und Erwartungen an unsere Beziehungen im Erwachsenenalter.

Haben wir jedoch mehrheitlich die Erfahrung gemacht, dass die Liebe der Personen, von denen wir abhängig waren, an Bedingungen geknüpft war (z.B. sei brav, angepasst, leistungsfähig, freundlich, tapfer, mutig etc. ), dass wir uns nicht sicher fühlen konnten, dass unsere Grenzen oder die Grenzen einer geliebten Person nicht respektiert wurden, dass wir häufig Abwertung oder Ablehnung erfahren haben oder dass wir von einer wichtigen Bezugsperson verlassen wurden (auch durch Tod), kann dies zu der Grundannahme führen, dass wir keine Liebe verdienen, dass wir nicht wertvoll sind, dass wir unsere Gefühle nicht regulieren können und dass die Welt kein sicherer Ort ist. Daraus können sich ein negatives Selbstwertgefühl, Überforderungsgefühle und eine Opferhaltung entwickeln.

Ein auf diese Weise eingeschränktes Selbstwirksamkeitserleben kann dann dazu führen, dass wir von unseren Partner:innen erwarten, dass sie uns glücklich machen und die Bedürfnisse erfüllen, die uns die eigenen Eltern nicht erfüllt haben. Daraus entsteht dann der oben bereits angesprochene Teufelskreis, in dem wir immer wieder die gleichen Erfahrungen machen, die wir schon in der Kindheit gemacht haben.

Verantwortung übernehmen: Ein Ausweg aus dem Teufelskreis

Dieser Teufelskreis kann durchbrochen werden, indem wir als Erwachsene die Verantwortung für unser Glück übernehmen und selbst dafür sorgen, dass unsere Bedürfnisse erfüllt werden. Das bedeutet nicht, dass wir alles alleine machen müssen oder dass wir uns nicht abgrenzen können. Und es bedeutet auch nicht, dass wir nicht auf das Verständnis und die Unterstützung unserer Partner:innen hoffen dürfen. Im Gegenteil, sich der Partnerperson gegenüber verletzlich zu zeigen und um Unterstützung zu bitten, kann sehr verantwortungsvoll und für die Entwicklung einer tiefen Beziehung förderlich sein. Sich mitzuteilen bedeutet nicht, die Verantwortung für die eigenen Gefühle und die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse abzugeben. Ebenso kann es ein selbstverantwortliches Verhalten sein, Grenzen zu setzen, wenn Verhaltensweisen oder Äußerungen der Partnerperson negative Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Ärger oder Wut in uns auslösen. Wachstumsorientierte Beziehungserfahrungen sind insbesondere dann möglich, wenn Partner:innen sich füreinander verletzlich zeigen, Verständnis füreinander aufbringen, ohne sich gegenseitig für das jeweilige Wohl verantwortlich zu machen. Klingt gut, oder? Schön theoretisch und vielleicht auch ein wenig unrealistisch.

Mit Herz & Hirn unterstütze ich Sie gerne dabei sich mit Selbstverantwortung und in dem Bewusstsein Mensch zu sein, Ihren eigenen Verletzungen mitfühlend zuzuwenden.

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Was als Grundhaltung hilfreich ist, ist im Alltag nicht immer leicht umzusetzen. Wir sind Menschen und daher nicht immer gleich gut drauf, haben alle mehr oder weniger positive und negative Erfahrungen gemacht und sind mit mehr oder weniger komplexen und herausfordernden Situationen konfrontiert.

Besonders dann, wenn beide Partner:innen gegenseitig unbewusste Verletzungen aktivieren, kann es zu Konflikten und Krisen kommen, die unlösbar erscheinen.

In meiner psychologischen Beratung und Therapiearbeit verwende ich gerne die Metapher von ungeöffneten Sprengstoffpaketen, die wir im Keller haben und die durch die Partnerperson aktiviert werden (siehe Fall 1 in der Grafik unten).

Unbewusster Kindheitsverletzungen als Ursache für Konflikte verstehen

Beziehungsdynamik bei unaufgeräumtem Keller

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Wie aus dem „Falschen“ der oder die "Richtige" werden kann

Solche Situationen können von Paaren als Einladung verstanden werden, genauer hinzuschauen, anstatt gleich die Flinte ins Korn zu werfen. Statt den anderen zur „falschen Wahl“ zu erklären, kann es hilfreich sein, eine selbstverantwortliche Grundhaltung mit einer wohlwollenden Haltung sich selbst und dem anderen gegenüber zu verbinden. Aufkommende Konflikte können als persönliche und gemeinsame Entwicklungschancen begriffen werden. Wir können sie nutzen, um uns unserer unerfüllten Bedürfnisse, negativen Glaubenssätze und Wiedergutmachungsansprüche aus der Kindheit bewusst zu werden. Wir können lernen, wie wir unsere Bedürfnisse befriedigen können, ohne die Partnerperson zur Befriedigung kindlicher Bedürfnisse zu manipulieren und damit eine Schieflage in unseren Beziehungen zu erzeugen, die uns über kurz oder lang genau an den Punkt bringt, den wir eigentlich um jeden Preis vermeiden wollten.

Beziehungsentwicklung geht besser gemeinsam: Selbstverantwortung heißt nicht alles zu erdulden

Hilfreich bis wichtig ist, dass beide Partner:innen verantwortungsvoll und wertschätzend mit sich selbst und der Partnerperson umgehen.

Die Systemtheorie geht zwar davon aus, dass jedes Element im System eine Veränderung auslösen bzw. bewirken kann. Wenn aber die anderen Systemelemente eine hohe Resilienz gegenüber Veränderungen aufweisen, wird es auf Dauer ungesund im System. Ungesund kann es werden, wenn eine Person die Verantwortung für die Entwicklung der Partnerschaft nicht nur der anderen überlässt, sondern mit Vorwürfen („Immer machst du…“ oder „Nie kannst du…“), Schuldzuweisungen („Wenn  Du Dich anders verhalten würdest, müsste ich nicht…“), Machtspielchen (Liebesentzug, Beleidigtsein, emotionale oder verbale Erpressung), Ausflüchten (Hätte-wäre-wenn-Aussagen, Hinhalten), Geringschätzung/Verachtung („Du immer mit Deinen Emotionen“, „Du übertreibst total“, „Mach Dein Problem nicht zu meinem“) offen oder verdeckt gegen die Entwicklung arbeitet.

In diesem Fall braucht es ein starkes Selbstbewusstsein (Bewusstsein der eigenen Bedürfnisse und Grenzen) und die Fähigkeit, sich abzugrenzen. Gelingt dies nicht, besteht die Gefahr, dass sich die Person in dem Versuch, sich und die Beziehung weiterzuentwickeln, aufreibt oder resigniert. In diesem Fall bedeutet selbstverantwortliches Handeln, das System zu verlassen. 

Ist Ihr:e Partner:in der oder die Richtige? Fragen zur Reflexion

Wenn Sie sich in Ihrer Beziehung an einem Punkt befinden, an dem Sie sich nicht sicher sind, ob und wie Sie mit Ihrem:r Partner:in weitermachen sollen, kann es hilfreich sein, innezuhalten und sich zu fragen:

  • an welchen Stellen Sie Ihre:n Partner:in unbewusst dazu einladen, Ihre alten Verletzungen zu aktivieren
  • Wie gut Sie in der Lage sind, Ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und auf erwachsene Weise dafür zu sorgen, dass sie erfüllt werden, ohne dabei von Ihrer:n Partner:in abhängig zu sein
  • Welche Überzeugungen Sie in Bezug auf Ihr Selbstwertgefühl haben, wie liebevoll Sie mit sich selbst umgehen und ob Sie in der Lage sind, Ihre Gefühle auszudrücken, ohne dabei die Grenzen ihrer Partnerperson zu verletzen
  • Inwiefern Ihre Bedürfnisse und Gefühle in Ihrer Beziehung einen wertungsfreien Raum bekommen

Wenn es Ihnen schwer fällt, diese Fragen für sich zu beantworten, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihre Partnerschaft Ihnen auf Dauer mehr Entfaltungsmöglichkeiten bietet oder Sie in Ihrer Entwicklung behindert, oder wenn Sie mit Ihrer Partnerperson immer wieder in Konflikte geraten, bei denen Sie beide das Gefühl haben, dass es keine Lösung zu geben scheint, unterstütze ich Sie gerne dabei, mehr Klarheit zu gewinnen.

Ob Ihr:e Partner:in der oder die „Richtige“ ist, hat weniger damit zu tun, wer und wie Sie und Ihr:e Partner:in heute sind, als damit, wer Sie morgen mit- und füreinander sein wollen. Wer wirklich an einer gemeinsamen Zukunft interessiert ist, wird auch in ausweglos erscheinenden Situationen Wege finden, diese zu gestalten. Das geht nicht immer im Einklang mit den gängigen, gesellschaftlich weit verbreiteten Vorstellungen.

Lilly Maus 

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