Virtuelle Liebe: Alles nur im Kopf!?

Über virtuelle Liebe und emotionale Affären Teil 1/3

Virtuelle Liebe: Alles nur im Kopf!?

In diesem Blogartikel geht es um virtuelle Liebe in emotionalen Affären und eine Sammlung von Impulsen zum Prozess des Loslassens anhand einer wahren Geschichte. Die Geschichte einer Klientin, die sich virtuell verliebt und eine emotionale Affäre erlebt hat, die sie nicht loslassen wollte, obwohl es da doch scheinbar gar nichts zum Festhalten gab.

Es ist eine authentische Geschichte anhand derer sich verschiedene Phänomene moderner (und klassischer) Beziehungsrealitäten erläutern lassen, mit denen Menschen es heute zu tun haben, über die aufgrund gesellschaftlicher Konvention, Tabus, Angst- und Schamgefühlen jedoch wenig gesprochen wird. Dadurch fühlen sich Betroffene, wie meine Klientin, mit ihren Empfindungen oft falsch und allein gelassen, wodurch sich ihr Leid verstärkt.

Der Versuch sich im Netz Hilfe zu suchen, führt die Leidenden häufig zu emotional einseitig eingefärbten Selbsterfahrungsberichten von anderen Betroffenen und ebenso emotional einseitigen Ratschlägen Dritter in Foren oder auf verschiedenen Social Media Plattformen. Dieser Blogartikel schafft Abhilfe indem er eine emphatische und gleichzeitig psychologisch fundierte, sachliche Auseinandersetzung mit den Themen virtueller Liebe und Loslassen darstellt. Eine Auseinandersetzung mit Herz und Hirn.

Virtuelle Liebe besser verstehen

Ich teile in diesem Blogartikel neben den individuellen Herausforderungen meiner Klientin, allgemeingültige Erkenntnisse, die helfen können, die eigenen Gefühle zu sortieren, sich selbst und die persönliche Geschichte besser zu verstehen und zu verarbeiten. Insbesondere geht es darum:

  • welche intensiven Emotionen unser Gehirn erzeugen kann auch bzw. gerade wenn die begehrte Person viele 1000km entfernt ist (Teil 1),
  • Welche Bindungsmuster in virtuellen Beziehungen möglicherweise besonders unterstützt werden (Teil 2),
  • wie schwer es fallen kann eine virtuelle Liebe loszulassen wenn gerade aufgrund der fehlenden Existenz realer Begegnungen und Auseinandersetzung auch das Ende schwer greifbar bleibt (Teil 3)
  • und wie es schlussendlich gelingen kann, ganz für sich mit einer Beziehung abzuschließen, die nach einem klassischen Verständnis von Beziehung scheinbar gar nicht existierte (Teil 3)

Virtuelle Liebe Teil 1/3: die Psychologie virtueller Liebe

In Teil eins werfen wir einen Blick auf die Psychologie virtueller Liebe und betrachten dabei auch inwiefern sich der Umstand einer Affäre auf die Intensivierung von Gefühlen auswirken kann.

Die Psychologie der virtuellen Liebe umfasst die emotionalen und kognitiven Prozesse, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von romantischen Bindungen in der virtuellen Welt auftreten. Ein wichtiger Aspekt ist, dass Liebe ein Vorgang unseres Gehirns ist und weniger mit dem Gegenüber als vielmehr mit unseren eigenen mentalen Prozessen zusammenhängt. Unser Gehirn konstruiert die Vorstellung von Liebe auf Grundlage unserer Erfahrungen, Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche.

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist, dass unser Gehirn in der Phase der Verliebtheit eine Illusion in Form der sogenannten rosaroten Brille produziert, welche durch die Virtualität einerseits und durch den Umstand einer Affäre andererseits verstärkt werden kann, da beides den Raum für Fantasiebildung, Projektion und selektive Wahrnehmung verstärkt.

Virtuelle Liebe und die Intensität der Gefühle

Im Gehirn sind bei der Verarbeitung virtueller Liebe kognitive Prozesse wie Fantasiebildung, Vorstellungskraft und Projektion stärker involviert als bei realer Liebe.

Informationsverarbeitung ohne Reality-Check

Da wir in virtuellen Beziehungen oft begrenzte Informationen über den Partner haben, ergänzen wir diese Informationen mit unseren eigenen Vorstellungen und Erwartungen. Dies kann zu einer stärkeren Aktivierung des präfrontalen Kortex führen, der für die Verarbeitung von Gedanken, Vorstellungen und sozialen Kognitionen wichtig ist. In realen Beziehungen hingegen sind die kognitiven Prozesse stärker mit der direkten Wahrnehmung des Partners verbunden. Der Informationsverarbeitungsprozess im Gehirn füllt also Lücken mit bereits vorhandenen Vorstellungen, die mit der Realität nicht unbedingt viel zu tun haben müssen.

Rosarote Brille mit Leuchteffekt

Ist unser Gehirn von seiner Natur her eher pessimistisch eingestellt (vgl. Negativitäts-Bias in Blogartikel „Virtuell verliebt: warum kann ich nicht loslassen“), dreht sich dies in der Verliebtheitsphase ins Gegenteil um. Verliebte neigen generell dazu, positive Aspekte ihres Gegenübers zu betonen und negative Aspekte zu ignorieren oder zu rationalisieren. Je weniger Informationen zur Verfügung stehen, desto größer ist die Gefahr, dass ein verzerrtes Bild entsteht denn Verliebte  interpretieren die vorhandenen Informationen auf eine Weise, die ihrer idealisierten Vorstellung entspricht.

Blühende Fantasie dank mangelnder Sinnesreize

Ganz konkret fehlen uns in der virtuellen Welt olfaktorische (den Geruch betreffend), gustatorische (den Geschmack betreffend), haptische (den Tastsinn betreffende) und teilweise auch visuelle (Gestik, Mimik eingeschränkt) Hinweise, die in der physischen Welt eine wichtige Rolle bei der Beziehungsbildung spielen. Wir kommunizieren oft nur schriftlich oder über visuelle Repräsentationen. Dadurch können wir unser Gegenüber nicht ganzheitlich erfassen. Wenn die rosarote Brille jedoch bereits aufgesetzt wurde, führt dies, wie oben bereits beschrieben wieder nur dazu, dass wir alles was wir nicht wissen, mit positiven Vorstellungen ergänzen. Wir neigen dazu, die virtuelle Kommunikation als harmonischer und positiver wahrzunehmen, als sie tatsächlich ist und gehen davon aus, dass die andere Person auch ganz verlockend duftet und uns auf genau die Art und Weise berühren würde, wie wir das gerne hätten. Denn wenn es dem Gegenüber so wunderbar gelingt uns emotional zu berühren, kann es doch gar nicht sein, dass wir die Person nicht riechen können oder sie gar schlecht im Bett ist. Der:die perfekte Liebhaber:in ist erschaffen. 

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Gefühle in (emotionalen) Affären

Mangelware ist wertvoll

Was in der Marktwirtschaft gilt, trifft in gewisser Weise auch in Beziehungen zu: Angebot und Nachfrage bedingen sich mitunter gegenseitig. In Affären kann die begrenzten Möglichkeiten gemeinsame Zeit zu verbringen den gefühlten Wert gemeinsamer Momente erhöhen. Anders ausgedrückt: Zeit zu zweit wird dann als besonders kostbar empfunden, wenn sie Mangelware ist. Der ständige Mangel führt zu einer überdurchschnittlich hohen Aktivität im Belohnungszentrum, welches Dopamin freisetzt, wenn die Affärenpartner:innen dann doch einmal in die Gunst geteilter Zweisamkeit kommen. Dadurch werden die Gefühle, die in solchen Momenten entstehen, oft als besonders intensiv empfunden.

Der Reiz des Verbotenen

Die Tatsache, dass eine Affäre gegen gesellschaftliche Normen und oft auch gegen bestehende Beziehungsvereinbarungen verstößt, kann eine starke Anziehungskraft erzeugen. Das Verbotene und Geheimnisvolle einer Affäre kann einen Nervenkitzel und eine Aufregung hervorrufen, die in einer normalen Beziehung möglicherweise nicht vorhanden sind. Die Spannung zwischen dem Verboten und den eigenen Wünschen kann die Gefühle verstärken.

Das neue Spielzeug ist interessant

Auch wenn eine neue Liebe sicher kein neues Leben ist, hat das Unbekannte und Neue oft einen besonderen Reiz. In Affären erstreckt sich der Prozess des gegenseitigen Kennenlernens meist über einen deutlich längeren Zeitraum, wodurch das Neue länger erlebbar bleibt. Zudem ermöglicht eine Affäre aus altbekannten Routinen und den Verpflichtungen des Alltags auszubrechnen. Die Möglichkeit, dem Alltagssorgen und Verantwortungen zu entkommen und sich in einer Affäre frei und unbeschwert zu fühlen, kann eine hohe Anziehungskraft haben und die emotionalen Gefühle verstärken.

e-Funktion der Gefühle

All diese „Gefühlsverstärker“ können sich überlagern und zu einem sich selbst verstärkenden Prozess führen. Dadurch, dass ein Mensch das Gefühl hat, in der Lage zu sein eine solch intensive emotionale Verbindung mit jemand anderem aufzubauen kann dies in der Einschätzung münden, etwas Besonderes zu sein und eine ganz besondere Form der Liebe gefunden zu haben.

Die Kehrseite der Medaille

An dieser Stelle halten wir es für wichtig auch zu erwähnen, dass sich in Affären (virtuell oder nicht) auch vielen negativen Gefühlen zeigen können. Nicht selten kommt es zu intensiven Schuldgefühlen, inneren Konflikten und emotionalen Turbulenzen.  Die intensiven Gefühle, die in einer Affäre auftreten können, sind oft von ambivalenter Natur, da die meisten Menschen in dieser Gesellschaft monogam geprägt aufwachsen und sich häufig nicht mit unterschiedlichen Beziehungsmodellen beschäftigt haben, bevor wir eine monogame Beziehung eingegangen sind. Insofern sind Gefühle von Vertrauensbrüchen, schlechtem Gewissen und Schuld meist ebenso auf der Tagesordnung, wie die positiven Hochgefühle. Insofern kann man sagen, dass Affären zu erheblichen emotionalen Schmerzen für alle beteiligten Personen führen können, wodurch mitunter langfristige negative Auswirkungen auf das emotionale Wohlbefinden entstehen.

Unterstützung für virtuelle Liebe oder emotionale Affären

Wenn Sie also gerade mitten in einer virtuellen oder echten Affäre stecken, zögern Sie nicht sich in diesem schwierigen Prozess begleiten zu lassen. Als psychologische Beraterin und auch in meiner eigenen Beziehung habe ich mich intensiv mit verschiedenen Beziehungsmodellen beschäftigt und weiß um die Gefühle, die im Zusammenhang mit Affären, offenen oder polyamoren Beziehungen entstehen können.

Gerne begleite ich Sie durch die Höhen und Tiefen Ihrer individuellen Situation und helfe Ihnen mit Herz & Hirn Ihre Bedürfnisse zu erkennen und Klarheit darüber zu entwickeln, was sie loslassen und was Sie behalten möchten.

Herzliche Grüße

Lilly Maus 

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