Systemisch M wie Metapher
Systemische Begriffe kurz erklärt
Metaphern sind die Muttersprache des Unbewussten.
Joseph Campbell
Metaphern sind weit mehr als sprachliche Stilmittel – sie sind ein Zugang zur inneren Erlebniswelt. Sie ermöglichen es, komplexe Erfahrungen in Bildern auszudrücken und festgefahrene Denkmuster auf sanfte Weise zu lösen. In der systemischen Therapie und Beratung werden Metaphern gezielt eingesetzt, um neue Sichtweisen auf eine Situation zu eröffnen, ohne direktiv oder wertend zu sein.
Metaphern: Sprachbilder als Türöffner für neue Perspektiven
Der Einsatz von Metaphern ermöglicht Klient:innen, ihr Anliegen auf einer symbolischen Ebene zu erkunden. Ein Problem kann sich beispielsweise „wie ein schwerer Rucksack“ anfühlen oder eine bevorstehende Entscheidung „wie eine Weggabelung im Nebel“ erscheinen. Indem wir mit diesen Bildern arbeiten, entstehen oft neue, unbewusste Zugänge zu Lösungsmöglichkeiten, die im reinen Nachdenken nicht greifbar wären.
Paul Watzlawick, ein bedeutender Vertreter des systemischen Denkens, betonte die Macht von Metaphern in Veränderungsprozessen:
Metaphern haben die Kraft, nicht nur zu erklären, sondern auch zu verändern.
Paul Watzlawick Tweet
Auch nonverbale Bilder, wie sie durch Metaphern entstehen, transportieren Bedeutungen und regen neue Perspektiven an. Eine gut gewählte Metapher kann eine Brücke zwischen Kopf und Gefühl bauen, zwischen Verstand und Intuition.
Ich liebe Metaphern – darum nutze ich sie häufig in meiner systemischen Arbeit. Manchmal veranschaulichen sie komplexe Themen auf einfache Weise und helfen, Zusammenhänge zu erklären. Manchmal regen sie kreative Prozesse an, weil sie Raum für eigene Bilder und Bedeutungen lassen. Und manchmal ersetzen sie Worte, wenn Sprache nicht ausreicht. Dann werden sie zur Brücke zwischen Denken und Fühlen, ermöglichen ein ‚Ich spüre, was Sie denken‘ oder ein ‚Spüren Sie, was ich denke?‘ – weil sie dort weiterführen, wo Sprache an ihre Grenzen stößt.
In diesem Sinne…
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Beispiel
Disclaimer: Alle Beispiele sind frei erfunden und zum Zwecke der Begriffserläuterung konstruiert. Sie bilden weder die Wirklichkeit noch die Komplexität der menschlichen Psyche ab, da sie einseitig einen Begriff in den Fokus nehmen. Schaubilder wurden entweder eigens für die Fälle erstellt oder inhaltlich maßgeblich verfremdet.
Situation
Frau E., 34 Jahre alt, fühlt sich zwischen den Erwartungen ihrer Familie und ihren eigenen Bedürfnissen hin- und hergerissen. Sie liebt ihre Familie und möchte sie nicht enttäuschen, doch gleichzeitig spürt sie, dass sie eigene Wege gehen will – Wege, die nicht ins Bild dessen passen, was in ihrer Herkunftsfamilie als „richtig“ gilt. Dieses innere Spannungsfeld ist belastend und führt dazu, dass sie in Entscheidungen immer wieder blockiert.
Systemische Interventionen
Metapher finden: Wenn das Leben sich wie eine wackelige Brücke anfühlt
Ich lade Frau E. ein, ihre Situation in einem Bild zu beschreiben. Nach kurzem Überlegen sagt sie: „Es fühlt sich an, als stünde ich zwischen zwei Welten, und ich weiß nicht, wohin ich gehöre.“
Ich biete ihr eine Metapher an: „Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einer Brücke. Ein Ufer gehört Ihrer Familie, das andere Ihren eigenen Träumen. Wie sieht diese Brücke aus? Stabil, wackelig? Und wo genau stehen Sie gerade?“
Einfühlen und Handlungsalternativen entwickeln
Frau E. überlegt einen Moment, dann beschreibt sie die Brücke als alt und instabil, mit losen Planken und einem starken Wind, der sie hin und her drückt. Sie steht nicht in der Mitte, sondern näher am Ufer der Familie. „Ich kann das andere Ufer sehen, aber der Weg dahin fühlt sich unsicher an.“
Wir bleiben bei diesem Bild und ich frage: „Was könnte helfen, die Brücke stabiler zu machen? Gibt es ein Geländer oder jemanden, der Ihnen eine Hand reicht?“
Langsam beginnt Frau E., über Möglichkeiten nachzudenken, die ihr bisher nicht bewusst waren: Vielleicht muss sie nicht sofort loslaufen, sondern kann erst einmal prüfen, welche Planken stabil genug sind. Vielleicht gibt es ja sogar eine zweite Brücke oder eine andere Art, das andere Ufer zu erreichen.
Übertragung auf den Alltag
Mithilfe der Brücken-Metapher gelingt es ihr, das abstrakte Gefühlschaos in eine greifbare Vorstellung zu überführen. Sie erkennt, dass es nicht nur zwei Extreme gibt – Familie oder eigene Träume –, sondern dass sie Wege finden kann, beide Welten zu verbinden, ohne sich selbst zu verlieren.
Das Bild der Brücke bleibt als innere Orientierung. Sie muss nicht von heute auf morgen „das andere Ufer betreten“, sondern kann in ihrem eigenen Tempo die ersten Schritte setzen – vielleicht erst einmal schauen, welche Brückenpfeiler sie stabilisieren kann, bevor sie weitergeht.
Metaphern wie die der Brücke helfen dabei, innere Prozesse greifbar zu machen. Sie eröffnen neue Perspektiven, machen Unsichtbares sichtbar und zeigen Wege auf, die vorher vielleicht nicht erkennbar waren. Doch der wichtigste Schritt bleibt immer der eigene: Wie Sie mit dem Bild arbeiten, welche Wege Sie gehen und was sich für Sie richtig anfühlt, entscheiden nur Sie.
In meiner systemischen Arbeit nutze ich Metaphern nicht als fertige Antworten, sondern als Impulse, die Ihre eigene Entwicklung unterstützen. Wenn Sie sich auf die Suche nach neuen Perspektiven machen möchten, begleite ich Sie gerne auf diesem Weg.