Systemisch P wie Perspektivwechsel
Systemische Begriffe kurz erklärt
Jedes Ding hat drei Seiten. Eine, die Du siehst, eine, die ich sehe, und eine, die wir beide nicht sehen.
Chinesische Weisheit
Als Perspektivwechsel wird ein Vorgang verstanden bei dem Situationen, Beziehungen oder Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.
In der systemischen Therapie wird der Perspektivwechsel als Werkzeug genutzt, um festgefahrene Sichtweisen zu hinterfragen und alternative Interpretationen zu ermöglichen. Anstatt eine einzige „wahre“ Realität anzunehmen, wird Wirklichkeit als konstruiert betrachtet, geprägt durch individuelle Erfahrungen und soziale Kontexte.
Heinz von Foerster formulierte dazu in „Understanding Understanding, 2003“ das ethische Imperativ:
Act always so as to increase the number of choices.
Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.Heinz von Foerster 2003, S. 303.
Dieser Ansatz betont, dass durch das Einnehmen unterschiedlicher Perspektiven neue Handlungsspielräume eröffnet werden können. Systemische Fragen und gezielte Reflexionen unterstützen dabei, die Beziehungen zwischen verschiedenen Personen und Systemen zu verdeutlichen und gewohnte Sichtweisen zu erweitern.
Durch das bewusste Wechseln der Perspektive können Klient:innen erkennen, dass ihre bisherigen Deutungen nicht die einzigen möglichen sind. Diese Erkenntnis fördert die Entwicklung neuer Lösungsansätze und stärkt die Selbstwirksamkeit im Umgang mit herausfordernden Situationen.
Vielleicht ist jetzt ein guter Moment, um einen neuen Blick zu wagen.
Ich lade Sie herzlich zu einem kostenfreien 15-minütiges Erstgespräch ein.
Beispiel
Disclaimer: Alle Beispiele sind frei erfunden und zum Zwecke der Begriffserläuterung konstruiert. Sie bilden weder die Wirklichkeit noch die Komplexität der menschlichen Psyche ab, da sie einseitig einen Begriff in den Fokus nehmen. Schaubilder wurden entweder eigens für die Fälle erstellt oder inhaltlich maßgeblich verfremdet.
Situation
Paul, 44 Jahre alt, kommt in die Therapie, weil er sich ausgebrannt und erschöpft fühlt. Er berichtet von Schlafproblemen, innerer Unruhe und dem Gefühl, seine Leistung im Job nicht mehr zu bringen. „Ich war immer jemand, auf den man sich verlassen konnte – und jetzt krieg ich einfach nichts mehr hin.“ Für ihn ist klar: Er hat versagt.
Systemische Interventionen
Einladung zum Perspektivwechsel
Statt sich sofort auf Lösungsstrategien zu konzentrieren, lade ich Paul mithilfe einer zirkulären Frage dazu ein, seinen Zustand aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. „Wenn Sie nicht Sie wären, sondern ein guter Freund – wie würden Sie das beschreiben, was Sie gerade durchmachen?“
Paul zögert, dann sagt er: „Ich würde sagen: Der steht unter enormem Druck. Seit Jahren. Und eigentlich wäre es ein Wunder, wenn er noch funktionieren würde.“
Neue Sichtweisen – neue Möglichkeiten
Langsam gelingt es Paul, sein Erleben nicht mehr ausschließlich als persönliches Scheitern zu deuten. Sondern als logische Reaktion auf jahrelangen Leistungsdruck, hohe Erwartungen – und das ständige Zurückstellen eigener Bedürfnisse. Die „Schwäche“, die er vorher so sehr verurteilt hat, wird nun zu einem verständlichen Signal seines Körpers: „Stopp. So nicht mehr.“
Was nimmt Paul mit?
Der Perspektivwechsel verändert nicht seine Situation – aber seine Haltung. Er beginnt, mitfühlender mit sich selbst zu sein. Und das verändert, welche Schritte nun möglich erscheinen: Kleine Auszeiten, ein Gespräch mit der Führungskraft, die Idee, sich langfristig neu zu orientieren. Keine fertige Lösung – aber ein neuer Blick auf sich selbst. Und damit der erste Schritt in Richtung Veränderung.
Wir alle stecken manchmal fest – sei es in eingefahrenen Denkmustern, alten Rollenbildern oder Überzeugungen, die uns längst nicht mehr guttun. Manchmal braucht es nur einen kleinen Impuls, um einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und neue Wege zu erkennen.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein geschützter Rahmen hilfreich wäre – einer, in dem Ihre Sichtweise zunächst würdigend angenommen wird, um darauf aufbauend neue Impulse für Veränderung zu entwickeln –, dann melden Sie sich gerne bei mir.