Systemisch O wie Ordeals

Systemische Begriffe kurz erklärt

Ordeals

Veränderungen führen häufiger zu Einsichten, als Einsichten zu Veränderungen.

Die Ordeal-Therapie ist eine therapeutische Technik, die auf paradoxe Interventionen setzt. Der Begriff „Ordeal“ stammt aus dem Englischen und lässt sich nur schwer direkt ins Deutsche übersetzen. Es umfasst Bedeutungen wie „Feuerprobe“ oder „schwere Prüfung“. In der therapeutischen Praxis wird das Ordeal eingesetzt, indem der Klient mit einer Aufgabe konfrontiert wird, die unangenehmer ist als das eigentliche Symptom. Das Ziel dieser Methode ist es, dass der Klient das Symptom aufgibt, um der unangenehmen Aufgabe zu entkommen.

Die Ordeal-Technik wird durch den Therapeuten genau auf das Problem des Klienten abgestimmt und hat zum Ziel, eine größere Unannehmlichkeit als das Symptom hervorzurufen. Wie Jay Haley in seinem Buch Ordeal-Therapie – Ungewöhnliche Wege der Verhaltensänderung schreibt

Die Aufgabe des Therapeuten bei der Ordeal-Technik ist leicht zu definieren: Sie besteht darin, ein Ordeal aufzuerlegen, das dem Problem des Menschen, der eine Veränderung wünscht, angemessen ist, nämlich ein Ordeal, das als schlimmer empfunden wird als das Problem.

Ein Ordeal kann auf verschiedene Weise gestaltet werden: Es kann eine körperlich herausfordernde Aufgabe wie das Durchführen von Übungen mitten in der Nacht sein, oder es kann eine psychische Herausforderung darstellen, bei der der Klient aufgefordert wird, sich unangenehmen Gedanken oder Gefühlen zu stellen. Besonders hervorzuheben ist, dass das Ordeal immer im Bereich der Möglichkeiten des Klienten liegen muss – es darf keine moralischen Grundsätze verletzen und sollte keine Gefahr für die Person oder andere darstellen.

Manchmal wird das Ordeal als eine einmalige Herausforderung gestellt, in anderen Fällen kann es auch wiederholt angewendet werden. In jedem Fall besteht der Schlüssel zum Erfolg darin, dass die Aufgabe als unangenehmer empfunden wird als das ursprüngliche Problem. Haley merkt dazu an:

Manchmal muss eine Person es wiederholt durchmachen, um sich von ihrem Symptom zu befreien, in anderen Fällen führt schon die reine Androhung des Ordeals zur Heilung.

Diese Technik erfordert ein hohes Maß an Vertrauen zwischen Therapeut und Klient, da der Klient bereit sein muss, sich auf eine schwierige Aufgabe einzulassen, die im besten Fall eine echte Veränderung herbeiführt. Ein Beispiel aus der Praxis, das Haley anführt, ist der Fall eines Mannes mit Schlafstörungen. Ihm wurde empfohlen, vor dem Schlafen absichtlich an furchtbare Dinge zu denken, was ihm schließlich half, die Kontrolle über seine Schlafprobleme zu erlangen.

Die Ordeal-Therapie ist also eine kreative und oftmals überraschende Methode, die in bestimmten Situationen der Veränderung auf paradoxe Weise dienen kann.

Die Ordeal-Technik in der Praxis: Ein Beispiel aus von Jay Haley

Ein Rechtsanwalt suchte Jay Haley auf, weil er unter schwerer Schlaflosigkeit litt, die seine Karriere gefährdete. Trotz starker Medikamente schlief er nur ein oder zwei Stunden pro Nacht. Seine Schlafprobleme wurden zunehmend schlimmer, und er befürchtete, seine beruflichen Pflichten nicht mehr erfüllen zu können.

Haley schlug ihm eine paradoxe Intervention vor: Statt das Grübeln zu stoppen, sollte der Mann absichtlich an die schlimmsten Dinge denken, die ihm einfallen. Er dachte an Mord und andere extreme Szenarien, die nichts mit seiner eigenen Realität zu tun hatten. Überraschenderweise schlief der Mann nach dieser Übung sofort ein und blieb die ganze Nacht ruhig. Er setzte diese Technik fort und seine Schlafstörung war geheilt.

Haley reflektiert, dass zu dieser Zeit noch keine klare Theorie für schnelle therapeutische Veränderungen existierte. Der Erfolg dieser Methode inspirierte ihn dazu, in der Arbeit mit Klienten paradoxen Interventionen zu verwenden, die das Symptom herausforderten und es aufgaben, um der unangenehmen Aufgabe zu entkommen.

Die Ordeal-Technik ist eine unkonventionelle Methode, die nicht zu Beginn einer Therapie zum Einsatz kommt. Sie erfordert Vertrauen zwischen Therapeut:in und Klient:in und passt auch nicht zu jeder Person.

Ich stelle sie hier also vor allem der Vollständigkeit halber vor. Wenn es Sie reizt sich Ihren Herausforderungen auch mit paradoxen Methoden zu stellen, werden wir das im Laufe Ihres Prozesses sicher herausfinden. 

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